Lagerfeuer in einer Feuerschale

Auszeit nehmen – nachhaltig mit mir selbst umgehen

Ich habe zum ersten Februar meinen Job gekündigt und nehme mir jetzt erstmal eine Auszeit. Dass ich dabei entspannt sein kann, liegt an meiner (zugegeben) privilegierten Situation: einerseits habe ich ein Sparkonto, das mich durch ein paar Monate bringen kann, andererseits auch meinen Freund, der ein bisschen Geld verdient und erstmal den Großteil der Miete übernehmen kann. Und abgesehen von Miete und Essen habe ich aufgrund meines minimalistischen Lebensstils sowieso kaum Kosten. [1]Und an den Krankenkassenbeitrag hab ich auch gedacht.
Eine andere Voraussetzung, diese Zeit genießen zu können, ist für mich, mich nicht beim Arbeitsamt zu melden. Ich will während meiner Auszeit keine Bewerbungen schreiben oder so tun, als würde ich Arbeit suchen.

Wieso Auszeit nehmen?

Aber wieso nehme ich eigentlich eine Auszeit? Wenn man mit einem Job unzufrieden ist, dann sucht man sich doch einfach einen Neuen, oder? Und man muss doch arbeiten! Man kann doch nicht einfach nicht arbeiten!

Ich habe für mich festgestellt, dass ich das jetzt brauche. Ich brauche Ruhe und Erholung und Zeit und Gelassenheit und Für-mich-sorgen und das nicht nur für zwei Wochen Urlaub, sondern so lange wie ich brauche. Und ich brauche Klarheit und Ich-selbst-sein-dürfen.
Und meine derzeitige Strategie, um mir das alles zu erfüllen, ist es, eine Auszeit zu nehmen. Und tatsächlich hat das auch etwas mit „nachhaltig mit mir selbst umgehen“ zu tun.

Was bedeutet Auszeit nehmen für mich?

Für mich heißt Auszeit nehmen gerade, zu versuchen nach folgendem Leitsatz von Marshall Rosenberg [2]Marshall Rosenberg ist der Begründer der Gewaltfreien Kommunikation zu leben:

Tue nichts, was du nicht aus spielerischer Freude heraus tust.

Auf den ersten Blick klingt das ziemlich unrealistisch, vielleicht für manch einen sogar zynisch, aber in einem begrenzten Zeitraum eventuell machbar. Die Anforderung (und Herausforderung) dabei an mich ist: zu wissen, was es denn nun ist, das ich gerade aus einer spielerischen Freude heraus tun will. Und gerade ist es „mit anderen zu teilen, wie es mir mit dieser Auszeit geht und Inspiration zu sein“, dicht gefolgt und eventuell auch bald eingeholt von „draußen in der Sonne sein, sich bewegen und Wärme und Licht genießen“.

In unserer Welt herrscht der Glaubenssatz: „Es gibt Dinge, die muss man machen, egal ob man will oder nicht.“ Und ich teile ihn nicht. Mir ist mittlerweile klar, dass alles, wovon ich denke, dass ich es „muss“, aus einem Bedürfnis [3]Liste mit Bedürfnissen (PDF) heraus kommt. Sei es, dass ich denke, ich muss die Küche aufräumen; dabei ist mir wichtig, dass ich in einem Umfeld lebe, wo es schön aussieht und ordentlich ist. Sei es, dass ich denke, ich muss zum Zahnarzt; dabei ist mir meine Gesundheit wichtig und dass ich in Zukunft keine Schmerzen habe.

Mir das bewusst zu machen, hilft mir, herauszufinden, was ich gerade wirklich will und was nicht. Und es hilft mir herauszufinden, wenn ich versuche für ein Bedürfnis zu sorgen, aber es mit dieser Strategie nicht klappt: wenn ich zum Beispiel nur deshalb die Küche aufräume, weil ich will, dass mein Partner mich mehr schätzt.

In meiner Auszeit werde ich also intensiv auf meine Bedürfnisse hören. Und schon jetzt habe ich festgestellt, dass das definitiv nicht heißt: den ganzen Tag auf der Couch zu liegen und zu lesen. Ich hatte bereits Gelegenheit soziale Kontakte zu erneuern und zu intensivieren (a.k.a. Freunde treffen) und ich war sogar mit spielerischer Freude an einem Meeting beteiligt. Wer sagt, dass das nicht möglich ist?

Und wie geht’s weiter?

Idealerweise möchte ich das oben genannte Zitat nicht nur für einen begrenzten Zeitraum in mein Leben integrieren, sondern grundsätzlich. Wichtig dabei ist mir, das in den richtigen Kontext einzuordnen, denn sonst klingt es leicht nach: Habe Spaß und scheiß auf die Welt. YOLO.
Genau das soll es nämlich nicht sein. Im Kontext der Gewaltfreien Kommunikation heißt das:

Tue nichts aus Angst, Schuld, Scham, Pflicht oder um mehr geliebt zu werden und erwarte auch nicht von anderen, dass sie etwas aus Angst, Schuld, Scham oder Pflicht für dich tun. Unser Leben ist viel zu kurz und zu wertvoll für den Preis, den ihr dafür bezahlen werdet. Tue alles nur mit der Freude eines kleinen Kindes, das eine hungrige Ente füttert. (Marshall Rosenberg)

Dadurch, dass ich freundlich und nachhaltig mit mir selbst umgehe, habe ich viel mehr Kraft und Willen, auch etwas für andere zu bewegen. Und im besten (und nicht seltensten) Fall tritt eine Wechselwirkung in Kraft: indem ich mit meinem Bedürfnis dazu beitrage, das Bedürfnis eines anderen zu erfüllen (so wie das Kind die Ente füttert).

Gleichzeitig sehe ich auch, dass es in der Arbeitswelt gar nicht so viele Nischen gibt, die es mir erlauben würden, nach diesem Prinzip auch zu arbeiten. Und sobald ich mich damit auseinandersetze, wird es einen „Teil 2: Auszeit nehmen“ geben.

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Hier findest du einen kurzen Abriss über die Gewaltfreie Kommunikation in meinem Blog.
Wenn du mehr über die Gewaltfreie Kommunikation herausfinden willst, empfehle ich dir das Grundlagenbuch zu lesen: Gewaltfreie Kommunikation von Marshall B. Rosenberg.

Hier geht’s zu Teil 2: Auszeit nehmen – „ich muss“-Gedanken auflösen
Hier geht’s zu Teil 3: Auszeit nehmen – Zwischenstand nach 4 Monaten
Hier geht’s zu Teil 4: 1 Jahr Auszeit – Erfahrungen, die ich teilen möchte

Fußnoten

Fußnoten
1 Und an den Krankenkassenbeitrag hab ich auch gedacht.
2 Marshall Rosenberg ist der Begründer der Gewaltfreien Kommunikation
3 Liste mit Bedürfnissen (PDF)

13 Meinungen zu “Auszeit nehmen – nachhaltig mit mir selbst umgehen

  1. Hallo!

    Deine Gedanken zu diesem Thema gefallen mir sehr. Nachdem ich mich seit längerem auch schon mit dem Thema beschäftige – sowohl meine berufliche Situation zu ändern als auch GfK – finde ich es sehr interessant und auch anregend, die beiden Themen so zu verknüpfen!

    lg
    Maria

  2. Danke für den tollen Bericht. Ich hatte den Gefühl während des Lesens in einen Spiegel zu schauen. Allerdings in einen, der mich in die Vergangenheit sehen lässt. Mit hat man damals eine Detox, eine Reinigung von Innen, vorgeschlagen. und ich habe sie gemacht, mit viel Schlaf, Meditation und Yoga. Nur zu empfehlen

  3. Hallo, liebe Sabrina,
    ich finde Deine Überlegungen sehr interessant – während einer Auszeit – um Deine Gedanken zu ordnen und Dich zu selbst finden. Es wäre wundervoll, wenn Dir das zeitnah und gut gelingt, um wieder „am Fluß des Lebens“ teilnehmen zu können. Das macht Dich zufriedener und glücklicher.
    Liebe Grüße und alles Gute für Dich, Brigitte (66 Jahre alt)

  4. Schöner Artikel zum Thema Auszeit. Ich hatte vor kurzer Zeit auch eine Auszeit genommen und hierzu einen Artikel über meine Erfahrungen geschrieben.
    Eine Auszeit ist immer gut und meine Gründe waren am Ende recht ähnlich wie bei Dir.

    Viele Grüße vom MoKoWo blog

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