Diese Woche tritt ein Gesetz in Kraft, das Tierversuche in Kosmetikartikeln verbietet. So lauteten die Schlagzeilen am Montag, 11. März 2013.
Tatsächlich sind Tierversuche für Kosmetika innerhalb der EU schon seit 2004 nicht mehr erlaubt. Damals wurden jedoch nur Tierversuche verboten, die das fertige Produkt testen sollten. Man setzte eine Frist, innerhalb von 10 Jahren Tierversuche in der Kosmetikbranche komplett abzuschaffen. Den nächsten Meilenstein markiert das Jahr 2009: Ein erweitertes Versuchsverbot wurde erlassen. Hier wurden nun auch alle Inhaltsstoffe, die speziell für die Herstellung von Kosmetika benötigt werden, mit inbegriffen. Gleichzeitig wurde auch die Vermarktung von Tierversuchsprodukten verboten. Was bezweckt also nun dieses „neue“ Verbot?
Tatsächlich wurde die komplette Umsetzung des Gesetzes von 2009 noch bis zu eben jenem Montag, den 11. März 2013, verschoben. Bestimmte Vefahren, die beispielsweise testen sollten, ob ein Stoff krebserregend ist, waren weiterhin erlaubt. Gerade rechtzeitig, um die Frist einzuhalten, wurden nun aber auch die letzten Tierversuchsverfahren verboten. Dabei musste man 2010 schon befürchten, dass dieser Schritt noch um weitere 10 Jahre verschoben wird (Quelle und Weiterführendes: Ärzte gegen Tierversuche)
Natürlich kann so ein Gesetz nicht gegen eine so mächtige Branche entstehen, ohne dass es für diese nicht noch das ein oder andere Schlupfloch lässt. So ist es nun zwar verboten, Inhaltsstoffe von Kosmetika durch Tierversuche zu testen, jedoch nur, wenn diese ausschließlich in Kosmetika vorkommen. Wenn also Inhaltsstoffe (d.h. Chemikalien) auch für andere Branchen interessant sind, dann dürfen diese sehr wohl an Tieren getestet werden.
Nichtsdestotrotz ist es ein wichtiger Schritt für die Tiere, so sagen zumindest der Deutsche Tierschutzbund und der Ärzte gegen Tierversuche e.V.. Dadurch, dass in die EU keine Tierversuchskosmetika importiert werden dürfen, setzt man auch andere Staaten, wie z.B. China unter Druck. Dort ist es aktuell sogar vorgeschrieben, Tierversuche bei der Entwicklung von Kosmetika durchzuführen.
Der Grund, warum es solange gedauert hat, bis dieses Gesetz endlich in Kraft tritt, ist folgender: Für viele Tests, die an Tieren durchgeführt wurden, gab oder gibt es keine alternativen Methoden, die die vollständige Sicherheit des Produkts garantieren. Kritiker des Gesetzes geben dies auch als Grund an, warum sie es für grob fahrlässig halten, auf Tierversuche zu verzichten. Und bei einem Thema, das für mich so kristallklar falsch ist, fand ich es erstaunlich und erschreckend, wieviele Gegenstimmen es gegen das Gesetz gibt und wie knapp es davor war zu scheitern.
Ich dachte bisher immer, dass die meisten Menschen gegen Tierversuche für Kosmetik sind, egal ob sie grundsätzlich Tierversuche befürworten oder ablehnen. Es gibt ja viele Gründe, warum Menschen Tiere systematisch quälen: Essen, Medizin und Forschung sind die drei wichtigsten. Aber Schönheit ist so ein nichtiger Grund.
Ich denke, die Grenze, für welche Beweggründe es gerechtfertigt ist, ein Tier zu quälen oder zu töten, setzt jeder Mensch anders. Die meisten sind sich einig, dass potentielle große Vorteile für den Menschen mit großen Nachteilen für die Tiere verbunden sein dürfen, wie zum Beispiel bei der Forschung in der Medizin. Wie sieht es aber mit kleinen Vorteilen aus, beispielsweise der Entwicklung eines neuen Shampoos, das die Haare lockiger macht? Ist es dieser kleine Vorteil wert, dass vielen Tieren große Nachteile entstehen? Ich denke, man muss einfach das Verhältnis sehen: auf der einen Seite lockige Haare, auf der anderen Seite Leid und Tod. Selbst wer Tiere als minderwertig und dumm empfindet, muss diese Diskrepanz sehen. Natürlich kann man fragen: Ist es auch gerechtfertigt, dass Menschen Hautreizungen oder Hautkrebs bekommen, wenn sie unzureichend getestete Kosmetika benutzen? Aber müssen sie das denn? Es gibt genügend Waren auf dem Markt, die all unsere Bedürfnisse nach Schönheit stillen können. Davon gibt es massenhaft Produkte, die bereits an Tieren getestet wurden und tatsächlich auch Produkte, die auf natürlichen Stoffen basieren und schon immer tierversuchsfrei waren, sogenannte Naturkosmetik. Diese Marken sind nicht dafür bekannt, dass sie sich negativ auf die Gesundheit auswirken, im Gegenteil. Gerade wer empfindliche Haut hat, wird meistens mit natürlicher Kosmetik glücklicher als mit einem konventionellen Produkt.
Aber auch wer wenig Verständnis für das Leiden der Tiere hat, kommt nicht umhin auf Kontroversen beim Thema „Tierversuche“ zu stoßen. Mehrere Studien bezweifeln mittlerweile den Nutzen von Tierversuchen, da das sogenannte „Tiermodell“ nicht 1:1 auf den Menschen übertragbar ist. Inwieweit das allerdings relevant ist, darüber ist man sich in Fachkreisen uneinig. Derweil wird weiter auf Tierversuche gesetzt. So wurden im Jahr 2011 2,71 Millionen Versuchstiere in Deutschland gezählt. Dunkelziffer unbekannt. Tendenz steigend.
Frage: Gibt es für euch eine Grenze, bis zu der ihr Tierversuche moralisch rechtfertigen könnt? Wo befindet sich die?